Dienstag, 16. September 2008

Widerstand mit präzisen Argumenten

In der Volkshochschule hat eine Tagung zur „Rechtspopulistischen Kulturalisierung des Politischen“ stattgefunden.

Was sollten rechtsextreme Parteien aufgreifen, wenn nicht das Angstthema Islam? „Offener Antisemitismus ist schließlich out“, meinte der Erziehungswissenschaftler Micha Brumlik schlicht. Platte Ausländerfeindlichkeit bewege höchstens noch „einige Dösköppe“ in dünn besiedelten Gegenden Deutschlands.
Der Angriff gegen den Islam indes - da waren sich Brumlik und seine Kollegen auf dem Podium einig - wirke in den Augen Rechtsextremer gesellschaftsfähig, weil er ihnen scheinbar neue Bündnisse erlaube. Beispielsweise mit strahlkräftigen Kritikern von links und Furchtsamen aus der bürgerlichen Mitte. Darum brauche es dringend eine Antwort auf die Frage: „Wie umgehen mit rechtspopulistischen Anti-Islam-Kampagnen?“ Eben dies wurde am Samstagnachmittag in der Volkshochschule Köln diskutiert - zum Abschluss einer Tagung unter dem sperrigen Titel „Feindbild Islam - Rechtspopulistische Kulturalisierung des Politischen“. Anlass für die Veranstalter, die Info- und Bildungsstelle gegen Rechtsextremismus (ibs) und die Arbeitsstelle Neonazismus der Fachhochschule Düsseldorf: der „Anti-Islamisierungskongress“ am kommenden Wochenende, zu der die rechtsextreme Partei „Pro Köln“ aufruft.
Diese Diskussion war als Zeichen des Widerstands zu verstehen. Konkret mündete sie in die Warnung vor einer mangelnden Differenzierung in der öffentlichen Debatte. Wie schwierig dies mitunter ist, belegten einige Teilnehmer selbst, die erst nach einer Publikumsmeldung die Partei „Pro Köln“ nicht mehr in einem Atemzug mit reinem Populismus nannten. Ein verharmlosendes Etikett, das sich die Partei schließlich selbst angeheftet habe, so der Einwand. Präzise hinhören, hinsehen, lesen, so könnte das Fazit der Veranstaltung beschrieben werden.
Dass es der Partei nicht um einen Kampf gegen die fundamentalistische Ausdrucksform einer Religion geht, sondern um die Diskreditierung der Religion selbst, sehe man allein in dem Untertitel des Kongresses: „Nein zu Moscheebau, Nein zu Minaretten, Nein zu Muezzinruf“, heißt dieser. Mit jener „begrifflichen Verwischung“, darauf wies die ibs in der Einladung schon hin, würden lediglich Ressentiments geschürt. „Also Genauigkeit!“, mahnte Politikwissenschaftler Thomas Naumann an. Es gehe nicht darum, jetzt den Leuten zuzurufen, „habt keine Angst!“ Oder ihnen ein freundliches oder unfreundliches Bild des Islam entgegenzustellen.
Vielmehr müsse man erkennen: Die Religion sei nicht Ursache aller Probleme, werde aber dafür pauschal missbraucht. Ängste der Bevölkerung müssten ernst genommen, Gründe wie Ehrenmorde, Zwangsverheiratung - offensiv benannt werden, sagte Brumlik. Bekir Alboga, Dialogbeauftragter des Moscheen-Dachverbandes Ditib, musste sich zumindest die Frage gefallen lassen, ob die Ditib an der Zuspitzung der Vorurteile nicht selbst mitgewirkt habe. Woraufhin Alboga versprach, bessere Öffentlichkeitsarbeit zu leisten. Was letztlich nur helfe, fügte der österreichische Schriftsteller Robert Misik hinzu, sei kluge Bildungs- und Sozialpolitik. Und die sei „mühsam und langweilig im Detail“.

Quelle: ksta.de

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