Dienstag, 16. September 2008

Porsche übernimmt die Kontrolle über VW

Sportwagenhersteller stockt Anteil auf 35 Prozent auf - Niedersachsens Ministerpräsident gegen Entmachtung Piëchs

Düsseldorf - Die Porsche Automobil Holding SE hat ihren Anteil am Volkswagen-Konzern von 30,25 auf 35,14 Prozent angehoben. "Das Ziel bleibt weiterhin, unseren Anteil an Volkswagen auf über 50 Prozent zu erhöhen. Der heutige Schritt ist ein weiterer Meilenstein auf diesem Weg", sagte Porsche-Chef Wendelin Wiedeking. Wann dies geschehen soll, ließ der Stuttgarter Sportwagenhersteller offen. Es wird jedoch damit gerechnet, dass Porsche seine Beteiligung im November aufstocken wird.
Die EU-Kommission hatte die Anteilserhöhung zur Bedingung gemacht, um überhaupt über die geplante Mehrheitsübernahme von Porsche bei VW zu entscheiden. Hintergrund dieser Forderung ist, dass bei den VW-Hauptversammlungen in den vergangenen Jahren die Präsenz der stimmberechtigen Aktionäre bei rund 60 Prozent lag. Um eine dauerhafte und beständige Porsche-Mehrheit bei den VW-Aktionärstreffen nachzuweisen, war deshalb bei den Gesprächen zwischen Porsche und der Brüsseler Behörde die Schwelle von rund 35 Prozent der Anteile angesetzt worden. Mit dem Sprung über diese Marke hat Porsche nach eigenen Angaben die "faktische Kontrolle" über den Wolfsburger VW-Konzern. Nach dem Wertpapierübernahmegesetz ist VW jetzt eine Tochtergesellschaft der Porsche Automobil Holding. Damit werden nun Arbeitnehmervertreter von Volkswagen in den Betriebsrat der Porsche SE und in den Aufsichtsrat der Holding einziehen. Die Betriebsräte streiten seit Monaten über ihren Einfluss in diesen Gremien.
Aufgrund der neuen Beteiligungsverhältnisse ist Porsche gesetzlich gezwungen, für die VW-Tochter Audi in Ingolstadt ein formales Pflichtangebot vorzulegen. "Wir sehen Audi als integralen Bestandteil des Volkswagen-Konzerns und haben kein Interesse daran, das Unternehmen aus dem Konzernverbund herauszulösen", sagte Wiedeking. Daher bietet Porsche auch nur den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestpreis. Dieser betrage rund 487 Euro je Audi-Aktie. VW hat bereits erklärt, seinen Anteil an Audi in Höhe von 99,14 Prozent nicht verkaufen zu wollen. Somit gilt das Pflichtangebot nur für den Streubesitz von 0,86 Prozent oder 370 000 Audi-Aktien. Würden alle Porsche zum Kauf angeboten, müssten die Stuttgarter rund 170 Mio. Euro zahlen.
Im Streit zwischen den Familien Porsche und Piëch zeichnet sich unterdessen endgültig eine Patt-Situation ab. Nachdem der VW-Aufsichtsratsvorsitzende Ferdinand Piëch durch seine Stimmenthaltung am vergangenen Freitag dafür gesorgt hatte, dass die Arbeitnehmer im VW-Aufsichtsrat einen Antrag durchbringen konnten, der Porsche dazu zwingt, sich jedes Geschäft mit Audi vom VW-Aufsichtsrat genehmigen lassen zu müssen, war es zum Eklat gekommen.
Die Familie Porsche hatte daraufhin angekündigt, Piëch als Chefkontrolleur bei Volkswagen absetzen zu wollen. Dazu benötigt sie auf einer außerordentlichen Hauptversammlung 80 Prozent der Stimmen und damit die Zustimmung des zweitgrößten Aktionärs von VW, des Landes Niedersachsen mit seinen 20,3 Prozent der VW-Anteile. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) sprach sich aber gegen eine Abwahl Piëchs aus. "Wir wollen, dass alle starken Persönlichkeiten an Bord bleiben, Wolfgang Porsche, Wendelin Wiedeking, Ferdinand Piëch", sagte Wulff. Damit dürften die Chancen der Porsche-Familie, Piëch zu entmachten, weiter gesunken sein. Piëchs Amtszeit geht noch bis 2012.

Quelle: welt.de

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