Dienstag, 16. September 2008

Iran setzt Urananreicherung trotz Sanktionen fort

Der Iran setzt die umstrittene Urananreicherung trotz der Sanktionen und Resolutionen des UN-Sicherheitsrats fort.

Wie aus dem jüngsten Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA hervorgeht, haben Techniker in der Atomanlage Natans seit Mai mehrere Hundert neuer Gaszentrifugen aufgestellt. Seit Februar 2007 wurden dort rund 480 Kilogramm leicht angereichertes Uranhexafluorid produziert. Allerdings liege der Anreicherungsgrad bei unter 5 Prozent, stellten IAEA-Inspekteure bei ihren 17 Kontrollen in Natans fest. Zum Bau von Atomwaffen müsste Uran erheblich höher angereichert werden.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier zeigte sich über die mangelnde Kooperation Teherans enttäuscht. Er forderte die iranische Führung auf, IAEA umgehend alle notwendigen Informationen zur Verfügung zu stellen, hieß es am Montagabend nach einem rund eineinhalbstündigen Gespräch Steinmeiers mit seinem iranischen Amtskollegen Manuchehr Mottaki aus Delegationskreisen in Berlin. Teheran dürfe nicht länger auf Zeit spielen, sondern müsse vielmehr verloren gegangenes Vertrauen wieder herstellen.
In Washington sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Dana Perino, der Iran riskiere mit seiner anhaltenden Verweigerung eine weitere Isolation und mögliche Sanktionen. Sie räumte zugleich ein, dass es wegen des Konflikts mit Russland um Georgien schwerer sein könne, eine Verschärfung der Strafmaßnahmen zu erreichen. «Die Dinge könnten jetzt etwas komplizierter sein», sagte Perino mit Blick auf Russlands Vetorecht im UN-Sicherheitsrat.
Wie es in dem von IAEA-Chef Mohammed el Baradei unterzeichneten Bericht, der der Deutschen Presse-Agentur dpa vorliegt, heißt, konnte die Regierung in Teheran auch in den vergangenen Monaten die noch bestehenden Zweifel an seinem jahrzehntelang geheimen Atomprogramm nicht ausräumen. Stattdessen fanden IAEA-Inspekteure Anzeichen dafür, dass zwischen iranischen Studien im Zusammenhang mit der Entwicklung hochexplosiver Sprengstoffe und Trägerraketen ein Zusammenhang bestehe und dass diese Arbeiten mit ausländischer Hilfe ausgeführt wurden.
Die iranische Nachrichtenagentur IRNA wies den Bericht der Wiener Atombehörde am Montag unmittelbar nach dessen Bekanntwerden zurück. Die Organisation habe mit ihrem Report dem politischen Druck der USA nachgegeben, hieß es in Teheran. Der Report, der den Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats übermittelt wurde, wird in der kommenden Woche bei der Herbsttagung des IAEA-Gouverneursrats in Wien diskutiert.
Angesichts der Haltung Teherans vereinbarten Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und sein iranischer Amtskollege Manuchehr Mottaki am Montag für den Abend in Berlin ein Gespräch über den Atomstreit. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes wollte Steinmeier dabei erneut die Position der internationalen Staatengemeinschaft bekräftigen. «Unser Angebot liegt auf dem Tisch, und wir hoffen nach wie vor, dass der Iran darauf eine konstruktive Antwort finden wird», sagte AA-Sprecher Jens Plötner vor dem Treffen.
Die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats (USA, Russland, China, Frankreich, und Großbritannien) sowie Deutschland hatten dem Iran im Juni ein neues Kooperationsangebot gemacht. Darin wurde Teheran eine umfassende wirtschaftliche, politische und auch nukleare Zusammenarbeit im Gegenzug für die Aussetzung der Urananreicherung angeboten. Der Westen verdächtigt den Iran, am Bau vom Atomwaffen zu arbeiten. Teheran hat dies stets bestritten, konnte die Zweifel aber bisher nicht ausräumen.
Nach Erkenntnissen der IAEA hat Teheran in Natans inzwischen 4600 Hochgeschwindigkeits-Zentrifugen im Betrieb, mit denen es 480 Kilogramm niedrig angereichertes Uran produziert hat. Nach Angaben der IAEA-Experten sind jedoch rund 1700 Kilogramm dieses Materials nötig, um dann durch weitere Anreicherungsschritte genügend spaltbares Uran für eine Atombombe zu gewinnen. Teheran hat wiederholt betont, dass es die Urananreicherung lediglich zur Produktion von Brennstäben für Atomkraftwerke einsetzen will.

dpa, 06:36 Uhr© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: dpa

Keine Kommentare: