Donnerstag, 18. Dezember 2008

Frau scheitert mit Klage auf halbe Million Euro

Knapp 500.000 Euro wollte eine Frau von der Versicherung R+V einklagen, weil sie sich diskriminiert fühlte. Sie hatte für R+V gearbeitet und war als Schwangere auf eine schlechter bezahlte Stelle versetzt worden. Dies sei zwar nicht in Ordnung gewesen, fand das Gericht. Die verlangte Summe sprach es der Frau aber nicht zu.
Im Prozess um die Rekordforderung von fast 500.000 Euro Schadenersatz wegen Diskriminierung hat die Klägerin vom Arbeitsgericht Wiesbaden lediglich 10.800 Euro zugesprochen bekommen. Die türkischstämmige Mitarbeiterin der Versicherung R+V wollte von ihrem Arbeitgeber 433.000 Euro als Ausgleich für Einkommenseinbußen und mindestens 44.000 Euro Schmerzensgeld erstreiten. Es war die höchste bisher in Deutschland verhandelte Summe wegen Diskriminierung.
Die Versicherungsberaterin aus Saulgau in Oberschwaben hatte sich benachteiligt gefühlt, weil R+V ihre Stelle wegen ihrer Schwangerschaft an einen Nachfolger vergeben hatte. Der wurde nach Darstellung der Frau auch noch besser bezahlt. Sie selbst war auf einen schlechter dotierten Posten in Bad Schussenried versetzt worden. Das Gericht erklärte die Versetzung für nichtig, sie sei eine „Benachteiligung der Klägerin aufgrund ihrer Mutterschaft und damit wegen ihres Geschlechts“.
Weiter hatte die Frau geltend gemacht, sie sei als geborene Türkin benachteiligt worden. Dem folgte das Gericht nicht. Es legte der Klägerin die Prozesskosten auf. Bei dem Streitwert von knapp einer halben Million Euro betragen allein die Gerichtskosten etwa 5900 Euro, dazu kommen die Anwaltskosten.
Die Klage stützte sich auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Dieses war nach einer Richtlinie der Europäischen Union (EU) zum Schutz vor Diskriminierungen vor rund zweieinhalb Jahren in deutsches Recht umgesetzt worden. Es basiert mit einigen Änderungen auf dem zuvor nicht in Kraft getretenen Antidiskriminierungsgesetz der rot-grünen Bundesregierung. Es soll Diskriminierungen in der Arbeitswelt und im sonstigen täglichen Leben entgegenwirken.
Betroffen sind das Arbeits-, Zivil-, Beamten- und Sozialrecht. Im Arbeitsrecht setzt das Gesetz die EU-Vorgaben eins zu eins um und nimmt folgende Diskriminierungsmerkmale auf: Geschlecht, Rasse oder ethnische Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Alter, Behinderung und sexuelle Identität.

Im Zivilrecht wollte die EU nur Benachteiligungen wegen Rasse, ethnischer Herkunft und Geschlecht schützen. Das deutsche Gesetz nimmt auch die im Arbeitsrecht geltenden weiteren Benachteiligungsverbote auf. Im Streitfall muss der Arbeitgeber beweisen, dass eine unterschiedliche Behandlung erlaubt war.

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