Dienstag, 16. September 2008

Kampfansage an alle Scheichs

Uli Hoeneß sieht FC Bayern auch ohne ausländische Großinvestoren in der Champions League konkurrenzfähig

Bukarest - Es ist ein Ritual. Bevor in der Champions League der Anpfiff zu einem Spiel ertönt, dringt aus den Lautsprechern erst einmal die Hymne der Königsklasse. Das eindringliche Stück, das auf Bitten der Europäischen Fußball-Union (Uefa) 1992 von Tony Britten frei nach Georg Friedrich Händels "Zadok The Priest" arrangiert wurde, hat der FC Bayern lange nicht gehört.
524 Tage ist es her. Am 11. April 2007 hatten sie im Viertelfinal-Rückspiel 0:2 beim AC Mailand verloren - und sich damit für eine Saison in den Uefa-Pokal verabschiedet, wo sie Anfang Mai dieses Jahres im Halbfinale an Zenit St. Petersburg scheiterten.
In Bukarest gibt das Team heute sein Comeback (20.45 Uhr/Sat. 1 live). Im ersten Spiel der Gruppe F treten die Bayern beim 23-maligen rumänischen Meister Steaua Bukarest an. "Gott sei Dank ist das Jahr mit Uefa-Cup vorbei", sagte Nationalspieler Bastian Schweinsteiger, mit dem der Klub gern den 2009 auslaufenden Vertrag verlängern möchte: "Mittwoch, 20.45 Uhr, Champions League - darauf freue ich mich." Da störte es auch nicht, dass das vorgesehene Flugzeug für die Reise wegen eines Defektes ausgetauscht werden musste.
Nach dem holprigen Aufgalopp in der Bundesliga mit zwei Siegen und zwei Unentschieden hoffen alle auf einen besseren Start in die Königsklasse. "Ein guter Auftakt ist immer wichtig. Weil er dir ein gutes Gefühl für die weiteren Aufgaben gibt", sagt Trainer Jürgen Klinsmann, der bei Steaua noch auf die verletzten Franck Ribery und Hamit Altintop verzichten muss. Dennoch wirkte die Mannschaft zuletzt beim 3:0 in Köln laut Klinsmann "viel homogener" und "noch eingespielter". Jedoch weiß der Bayern-Trainer vor seiner Premiere in der Champions League, dass der Maßstab dort ein ganz anderer ist. "Zwölf, 13 Mannschaften" hat Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge unter den 32 Teams ausgemacht, "die den Anspruch haben, die Champions League zu gewinnen und dementsprechend aufgerüstet haben".
Neben Bukarest muss sich der FC Bayern noch mit Olympique Lyon und dem AC Florenz messen. "Extrem schwierige Gegner", sagt Manager Uli Hoeneß. Doch bange ist ihm nicht. Man habe viel in die Mannschaft investiert und sie jetzt noch einmal um drei Spieler (Tim Borowski, Hans-Jörg Butt, Massimo Oddo) verstärkt. "Wir setzen auf den Faktor, quasi eingespielt zu sein. Das kann uns mächtig in diesem Wettbewerb werden lassen", sagt Hoeneß. Allerdings macht er keinen Hehl daraus, dass es schwer werden wird, sich gegen die finanzstarken und dadurch sportlich gut aufgestellten Vereine aus England, Spanien oder Italien zu behaupten.
Doch im Gegensatz zu vielen anderen hält er den Kampf nicht für aussichtslos. "Für mich handelt es sich um eine Momentaufnahme. Es ist zu früh, gerade im Hinblick auf die englischen Klubs schon von einer Vorherrschaft zu sprechen", sagte Hoeneß der WELT. "Dennoch sind wir gut beraten, genau zu beobachten, was gerade im europäischen Fußball passiert - vor allem auch in einigen Ländern des Ostblocks." Obwohl auch dort immer mehr Vereine dank Oligarchen aufrüsten, solle man sich nicht verrückt machen lassen. "Wichtig ist, dass wir ehrlich bleiben und immer nach dem Motto arbeiten: Das können wir, das können wir nicht."
Und so bedienen sich die Bayern vorerst altbewährter Geldquellen. 18 Millionen Euro Antrittsgage haben sie von der Uefa schon sicher. Insgesamt rund 233 Millionen Euro haben die Bayern seit Bestehen der Champions League (1992) bereits kassiert (siehe Grafik). Viel Geld, das internationale Konkurrenten aber teilweise schon in ein paar Spielzeiten für Transfers ausgeben.
"Warten wir doch erst einmal ab", beruhigt Uli Hoeneß, "wie sich das grundsätzlich im Fußball alles so entwickelt. Ich bin derzeit jedenfalls ganz sicher, dass die, über die wir jetzt mit Blick auf das Thema Investoren reden, in zehn Jahren ganz arme Schweine sind. Denn profitabel können diese Vereine nicht werden." Irgendwann, glaubt der Manager, werde sich der Markt regulieren, der Ölpreis wieder sinken und auf der Welt andere Energiequellen erschlossen werden. "Und wenn sich alles wieder ein bisschen normalisiert hat und auf dem Markt weniger spekuliert wird, wird sich auch der eine oder andere Oligarch überlegen, ob er weitere Millionen einfach so in einen Verein steckt."
Im Gegensatz zu Rummenigge sieht Hoeneß nach wie vor keinen Grund, den Weg für Investoren in die Bundesliga frei zu machen. "Für uns als FC Bayern wäre es sicherlich kein Problem, einen reichen Scheich, Prinzen oder wen auch immer zu finden, der uns aufkauft. Aber für mich ist das derzeit nicht der richtige Weg."

Quelle: welt.de

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