Mittwoch, 27. August 2008

Russlands alte Stärke

Moskaus machtbetonte Außenpolitik bleibt sich treu
Aggressiv und gewagt erscheint die russische Außenpolitik seit dem Einmarsch Russlands in Georgien vor zwei Wochen. Was wie ein plötzlicher Wandel erscheint, entspricht aber der Kontinuität russischer Außenpolitik seit dem Jahr 2000.
Nicht erst seit Beginn des Krieges zwischen Russland und Georgien verfolgt Moskau außenpolitisch eine Strategie der Stärke. Die russische Politik wandelte sich bereits mit der Übernahme des Präsidentenamts durch Wladimir Putin im Jahr 2000 und blieb auch nach dessen Wechsel in das Amt des Ministerpräsidenten im Mai 2008 konstant. Seit dieser Zeit ließ der russische Staat sowohl in der Innen- als auch in der Außenpolitik seine Muskeln spielen. Dies war auch eine Folge der Krise des westlich-russischen Verhältnisses nach dem Kosovo-Krieg 1999, den Russland ablehnte.

Innenpolitisch wurden weite Teile der russischen Medien unter die Kontrolle des Kremls oder von Unternehmen gebracht, die durch die Regierung kontrolliert wurden. Gleichzeitig verstaatlichte die russische Führung Teile der Energiebranche und schaltete Industrielle als Machtfaktoren aus, die nach dem Ende der Sowjetunion unter teils dubiosen Umständen riesige Industrieimperien übernehmen konnten. Rhetorisch war der letzte russische Parlamentswahlkampf von starken anti-westlichen Elementen geprägt. So beschimpfte Putin Oppositionsanhänger als vom Ausland finanzierte "Schakale".

Abhängig von Russland

ZDF
Wladimir Putin
Die gewaltigen Energieressourcen Russlands konnte Moskau auch für politische Zwecke nutzen. Nach den pro-westlichen Revolutionen in Georgien und in der Ukraine in den Jahren 2003 und 2004 wurden jeweils die Preise für Gaslieferungen aus Moskau stark erhöht. Da beide Staaten fast komplett von russischen Energielieferungen abhängig sind, hatten sie keine Möglichkeit, auf andere Quellen auszuweichen. Eine kritische Haltung nahm Russland gegenüber dem Westen und speziell den USA ein. So kritisierte Russland den Irak-Krieg im Jahr 2003 scharf und liefert dem Iran trotz des Atomstreits Uran-Brennstoff für das Kernkraftwerk in Bushehr. Konflikte bestehen auch über den Aufbau des amerikanischen Raketenschildes in Polen und Tschechien und in der Frage eines NATO-Beitritts der ehemaligen Sowjet-Republiken Georgien und Ukraine. Anfang 2008 lehnte Russland die Unabhängigkeit der damals serbischen Provinz Kosovo ab und warnte, dies könne auch ein Präzedenzfall für die abtrünnigen georgischen Provinzen Abchasien und Süd-Ossetien sein.
Auch wenn sich Konflikte und Meinungsverschiedenheiten zwischen Russland und dem Westen seit dem Jahr 2000 gehäuft haben, ist dieser erste offene bewaffnete Konflikt zwischen zwei europäischen Staaten seit zehn Jahren ein neuer Tiefpunkt in den Beziehungen. Sowohl die EU als auch die USA müssen erst noch lernen, mit dem erstarkten Selbstbewusstsein Russlands umzugehen.

http://auslandsjournal.zdf.de/ZDFde/inhalt/9/0,1872,7298761,00.html?dr=1

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